Dippoldiswalde,

Weitergabe des Staffelstabes an neuen Ausbildungsbeauftragten

Interview mit THW Dippoldiswalde Urgestein Dirk Massi

Michael:

Hallo Dirk, schön, dass du etwas Zeit mit gebracht hast.

Dirk, du bist Gründungsmitglied des THW Ortsverbandes Dippoldiswalde, also seit Anfang an aktiv mit dabei. Nach der bestandenen Grundausbildung hast du bis zum heutigen Tage die Stabsposition des Ausbildungsbeauftragten inne gehabt.

Wie bist du damals überhaupt zum THW gekommen?

Dirk:

Auslöser war zweifellos das verheerende Hochwasser 2002. An den verschiedensten Stellen rund um Dippoldiswalde habe ich tagelang, wie viele Andere auch, geholfen die Schäden zu beseitigen und die Infrastrukturen wieder aufzubauen. Dabei lernte ich Kameraden des THW kennen, die mir in groben Zügen erklärten das THW ein Ehrenamt sei. Ich dachte vorher immer, das das THW eine Spezialfirma mit Spezialtechnik und besonderen Spezialisten sei . Das war ein Irrtum, denn es stellte sich sehr schnell heraus, dass es sich um eine Katastrophenschutz-Organisation des Bundes handelt, die zu 99% ehrenamtlich tätig ist. 2004 gab es einen SZ-Artikel in dem für einen Aufbau eines Ortsverbandes THW hier in Dippoldiswalde geworben wurde. Da war klar hier pack ich mit an und so kam es, dass ich noch am Abend der Vorstellung Herrn Merbt meinen Helferantrag unterschrieben habe. Das war übrigens der erste Aufnahmeantrag für den Ortsverband Dippoldiswalde und wie wir heute wissen sind sehr viele gefolgt und ich werbe dafür noch viele Mitstreiter zu gewinnen.

Michael:

Was waren die besten und schwierigsten Momente in den letzten Jahren für dich?

Dirk:

Die Frage stellt sich so nicht für mich. Wenn ich an die Entwicklung unseres Ortsverbandes denke fallen mir die Gründungsjahre ein. Wir begannen mit vergleichsweise alter Technik, einer einfachen Unterkunft und vor allem keinerlei Erfahrung so einen Ortsverband zu führen. Es fehlten uns wichtige Ausbildungen und personell gab es viel Vorwärts und Rückwärts. Das war eine sehr intensive Zeit aus der wir hier in Dippoldiswalde aber umso stärker aufgestanden sind. Mittlerweile ist unser Ortsverband ein starker Vertreter in den Reihen des THW, aber auch im Rahmen der Örtlichen Gefahrenabwehr sind wir bestens Vernetzt und stehen für Zuverlässigkeit und Schlagkraft sowie Qualität in der Umsetzung aller übernommenen Aufgaben. Darauf bin ich persönlich sehr stolz. Sicher sind wir einer der aktivsten Ortsverbände im gesamten THW und das auch im Rahmen internationaler Projekte im Auftrag der Bundesregierung Deutschland. Unser Ortverband ist in nahezu allen Auslandsprojekten des THW personell oder in dessen Vorbereitungen vertreten. Und Michael wenn Du mich fragst was die besten Momente für mich waren, dann ergibt sich die Antwort von allein. Ich war Teil dieser Entwicklung unseres OV und als Stabsmitglied maßgeblich daran beteiligt. Was kann schöner sein als sehen zu können, wie sich all die Mühen und die vielen Stunden im Dienst und Ausbildungen gelohnt haben.

Michael:

Dein ehrenamtliches THW-Engagements hat sich in all den Jahren ja nicht nur regional auf unseren Ortsverband beschränkt. Du bist maßgeblich bei der internationalen Kooperation für die Ausbildung ehrenamtlicher Helfer in anderen Ländern, speziell in Tunesien. Was macht gerade bei dieser Tätigkeit den Reiz für dich aus?

Dirk:

Meine Auslandstätigkeit begann völlig unspektakulär. Es wurden 2012 THW-Ortsverbände gesucht, die sich an der Ausbildung tunesischer Katastrophenschützer beteiligen würden und dabei Ihren Ortsverband als Ausbildungsstätte zur Verfügung stellen. Das empfand ich als eine Chance unseren Ortsverband weiterzuentwickeln. Das war etwas was es im THW noch nicht gegeben hat. Wir in Dippoldiswalde stehen bekanntlich für neue Ideen, Visionen und Umsetzung von Dingen, die andere argwöhnisch und skeptisch betrachten. Es ist mir damals gelungen unsere Führung von dem Projekt zu überzeugen. Dabei hatte ich schon damals unseren Chef Lars Werthmann auf meiner Seite, der bereits, als erster Auslandsexperte unseres OV international unterwegs war. Dafür bin ich ihm noch heute sehr dankbar und für alle Kameraden war die Entscheidung für das Projekt eine riesengroße Erfahrung, aber vor allem eine Bereicherung. Zwangsläufig bin ich dann auch mit nach Tunesien gegangen, um vor Ort ehrenamtliche Helfer wie wir auszubilden. Das war nicht immer einfach. Als erstes denken sicherlich viele an die völlig anderen Klimatischen Verhältnisse. Mit Temperaturen um die 40 bis 45°C muss man umgehen können. Es war für mich notwendig geworden erneut die Schulbank zu drücken. In den letzten Jahren bin ich als Einsatzleiter mehrmals im Jahr mit anderen Kameraden aus ganz Deutschland in Tunesien unterwegs. Ob es einen Reizt damit auch immer für die Sicherheit der eigenen Kameraden verantwortlich zu sein glaube ich nicht. Doch was reizt ist definitiv die Zusammenarbeit mit den tunesischen Feuerwehrleuten und den ehrenamtlichen tunesischen Kameraden. Wir sind dort direkt an der Bevölkerung, wir lernen die Familien und die Strukturen hautnah kennen und schätzen. Im Gegenzug erfährt man so viel Dankbarkeit und Freundschaft, dass man eigentlich immer wieder gern solche Einsätze absolviert. Am Ende eines jeden Einsatzes fällt mir trotz alle dem immer ein Stein vom Herzen, wenn es keine Unfälle gab, die Ziele vor Ort erreicht wurden und alle THW-ler wieder gesund und munter bei Ihren Familien in Deutschland angekommen sind. Für das THW selbst war das der Grundstein weitere sogenannte „Capasity Building“ Projekte in andere Länder zu exportieren. Also ist es selbstverständlich, das ich z.B. an den Ausbildungsunterlagen für Jordanien und Irak mitarbeite. Also fassen ich Deine Frage kurz zusammen: es macht Spaß und es stellt zugleich  eine große Herausforderung dar im Ausland für den Katastrophenschutz unterwegs zu sein. Solche Einsätze sind aber auch für die eigene persönliche Entwicklung unschätzbar und mit Geld oder allen Lehrgängen der Welt nicht zu bezahlen.

Michael:

Neben dem ganzen Themengebiet des Ausbildungsbeauftragen in den "Ruhezeiten" bist du im "Einsatzleben" stets als Fachberater des THW,also als Vermittler zwischen der Einsatzleitung der Feuerwehr / des Landkreises oder des Katastroenschutzstabes und des Technischen Hilfswerkes zum Einsatz gekommen.

Welcher Einsatz war dabei mit den einschneidensten Erlebnissen verbunden

Dirk:

In meiner Tätigkeit als Fachberater THW war ich unter anderem in den Katastrophenschutzstäben des Landkreises Niesky und in unserem eigenen Landkreis unterwegs. Wir wollen aber die eigene Arbeit Leitungs- und Koordinierungsstab des Ortsverband nicht unter den Scheffel stellen. Die ist die Grundlage für unsere eigenen Helfer draußen am Einsatzort. Aber wenn ich schon so direkt gefragt werde muss ich einen Einsatz 2013 etwas hervorheben. Als ich Mittags 11:30 Uhr einen Anruf erhielt und die Frage gestellt wurde „Herr Massi könnten Sie für den Landkreis einen Sandsackfüllplatz einrichten und betreiben mit dem Ziel eine Million Sandsäcke zu produzieren“, gab es natürlich kein Zögern. Absprachen folgten noch auf der Fahrt zum angedachten Einsatzort „Raststätte Dresdner Tor“. Kontakte geknüpft und Aufgaben verteilt sowie unser eigener Ortsverband in Stellung gebracht. Am Nächsten Morgen waren die ersten 250.000 Sandsäcke gefüllt und eine entsprechende Meldung an den Landrat übermittelt. Das schlug Wellen, denn es konnte sich im Katastrophenschutzstab niemand vorstellen, dass so etwas in so kurzer Zeit möglich ist. Doch es war so und so habe ich es im THW gelernt und dafür steht unser Ortsverband. Wir reden nicht sondern machen los.

Michael:

Du hast viel in deinem THW-Leben erlebt und bewegt. 

Nach reichlich 12 Jahren trittst du nun auf eigenem Wunsch von deiner Position des Ausbildungsbeauftragten zurück und möchtest den Staffelstab an die nächste Generation weiterreichen.

Was hat dich zu diesem großen Schritt veranlasst?

Dirk:

Die Stabsfunktion ist eine sehr verantwortliche und breit gefächerte Position, die insbesondere viel Zeit fordert und maßgeblich für die Entwicklung des Ortverbandes steht.

In den letzten Jahren kamen für mich persönlich noch andere ehrenamtliche Aufgaben hinzu. Ich bin gebürtiger Dippser und daher im besonderen Maße Dippoldiswalde verbunden. Die Stadt selbst zieht sich aus fast allen freiwilligen Aufgaben zurück. Am Gravierendsten war sicherlich eine kurzfristige Entscheidung der Stadträte 2017. Eine 800-Jahrfeier hätte es nicht gegeben, wenn ich mich nicht darum gekümmert hätte. Die Gründung eines Vereins war notwendig. Du kannst Dir vorstellen, dass hier ebenfalls eine Menge Zeit und Nerven gebraucht werden.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt wo man  wieder analysieren muss ob alles läuft oder ob nachjustiert werden muss.

Ich mache etwas nur mit ganzer Energie oder lasse es. Das ist schon immer meine Devise.

2019 werden die Kommunalwahlen in Sachsen stattfinden und ich habe entschieden mich in die Kommunalpolitik einzubringen. Dippoldiswalde braucht im Moment viel Engagement um wieder in ein sicheres Fahrwasser zu schippern und für die Zukunft gewappnet zu sein. Zuviel wurde in den letzten Jahren einfach wegrationalisiert ohne Visionen für die Zukunft und die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger der „großen Kreisstadt“ Dippoldiswalde. Das tut weh und so ist es eine Berufung für mich hier mitzuwirken.

In unserem Ortsverband haben wir junge Kameraden aufgebaut und ausgebildet. Es ist nur natürlich, das die Jungen auch Verantwortung übernehmen wollen und sollen. Also ist die Weitergabe des Staffelstabes völlig logisch. Man soll das Eisen schmieden solange es heiß ist. Und ich denke auch darum ist es Zeit mein Amt weiterzureichen.

Ehrlich will ich aber auch zugeben, dass schon auch ein bisschen große Wehmut einherkommt, doch mit Robert Köhler konnte ich hoffentlich einen hoffnungsvollen Nachwuchs vorschlagen.

Michael:

Bleibst du dem Ortsvberand als Ansprechpartner weiterhin erhalten,oder möchtest du dich gänzlich aus dem THW-Leben zurückziehen?

Dirk:

Einmal THW immer THW! So einfach lässt sich Deine Frage beantworten. Ich habe ja auch noch andere Bereiche im THW, wo ich ausgebildet und positioniert bin.

Als Fachberater oder Bereichsausbilder stehe ich genauso zur Verfügung, wie als ganz normaler Helfer im THW. Ein Leben ganz ohne THW kann ich mir nicht vorstellen. In wie weit ich mich auch aus meiner Auslandsarbeit zurückziehen muss, wird davon abhängen, wie meine Zukunft in der Kommunalpolitik aussehen wird. Darüber können wir reden, wenn die Bürger entschieden haben wen sie als Ortschaftsrat, Stadtrat oder vielleicht Vorsitzender des Stadtrates sehen.

Michael:

Dirk, es ist ja nun schon eine lange Zeit von deinem THW-Eintritt im Jahr 2005 bis heute. Wie haben dich all diese Erfahren, gute wie schlechte, lustige und traurige, verändert?

Dirk:

Das THW hat mein Leben massiv geprägt. Es ist eine Institution wo es bei allem Ehrenamt massiv auf Verantwortung ankommt. Es müssen objektive Entscheidungen getroffen werden, die nicht immer schön sind. Die Arbeit im THW ist permanent eine Herausforderung und fordert persönliche Opferbereitschaft und einen klaren Willen für die Gesellschaft im Notfall parat zu sein.

Das muss man mögen oder lässt es besser sein. Andererseits gibt einem diese Arbeit im Dienste der Gesellschaft auch so viel Befriedigung zurück wie es im normalen Alltag nicht möglich ist. Ich habe in all den Jahren im THW sehr sehr viele Ausbildungen genossen und dabei meinen eigenen Horizont erweitern können. Diese Erfahrungen kann mir niemand nehmen und sind abrufbar im täglichen Leben. Wer hat schon solche Möglichkeiten genossen. Dafür bin ich dankbar und mich ohne THW wird es nicht geben. THW ist ein Teil von mir geworden, was aber nicht heißt, dass ich mich nicht auch für andere Brennpunkte einsetzen werde. Im Gegenteil, das THW ist Motor und Lehrpfad sich unablässig für die Gemeinschaft einzusetzen. Das ist so! Jetzt sehe ich den Brennpunkt verstärkt in meiner eigenen Kommune und darum bedanke ich mich bei unseren Kameraden für die Akzeptanz meines Wunsches, mich von der Stabsfunktion als Ausbildungsbeauftragter abzuberufen. Ich bleibe unserem THW treu in guten wie in schlechten Zeiten, in Ernsten wie aber auch in Zeiten, wo wir gemeinsam feiern können. Auch das ist THW und nächstes Jahr werden wir gemeinsam wie vor Zehn Jahren meinen runden Geburtstag (logischerweise in unserem Ortsverband) gemeinsam begehen.

Michael:

Vielen Dank Dirk für das offene und intensive Gespräch. Ich glaube ich spreche für alle im Ortsverband, wenn ich sage vielen ank für dein jahrelanges Engagement sowohl für uns in Dippoldiswalde als auch für die Bundesanstalt des THW, national und international.


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